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Formen des Kleinwuchses

Über die häufigsten Formen des Kleinwuchses soll an dieser Stelle ein kurzer Überblick gegeben werden. Wegen der Vielfalt der Kleinwuchs-Ursachen ist eine Vollständigkeit an dieser Stelle nicht möglich und würde den Rahmen sprengen. Genauere und weiterführende Informationen zu einzelnen Formen des Kleinwuchses finden Sie im SHOP und können bei der Beratungsstelle des BKMF angefordert werden.

Bei einigen Kleinwuchsformen ist die Behandlung mit Wachstumshormon möglich. Nur bei Wachstumshormonmangel wird hierdurch die Ursache der Wachstumsstörung ausgeglichen. In den anderen Fällen führt die Behandlung nur zu einer gewissen Besserung des Wachstumsrückstandes.

Die Liste der Kleinwuchsformen, bei denen die Therapie mit Wachstumshormon zugelassen wurde, ist in den letzten Jahren durch erfolgreiche klinische Studien erweitert worden. Die Einsatzmöglichkeiten dieses Medikaments sind weiter Gegenstand verschiedener Studien. Der BKMF arbeitet auf diesem Gebiet eng mit der Arbeitsgemeinschaft für pädiatrische Endokrinologie (APE) zusammen. Den aktuellen Stand können Sie in der Beratungs- und Geschäftsstelle des BKMF erfahren.

Familiärer Kleinwuchs

Bei Kindern mit familiärem Kleinwuchs ist keine krankhafte Ursache vorhanden. Die Körpermaße liegen lediglich unterhalb des Normbereiches. Dieser Kleinwuchs ist erblich bedingt, meist ist mindestens ein Elternteil ebenfalls klein. Die Wachstumskurve dieser Kinder verläuft zwar etwas unterhalb, aber stets parallel zum Wachstum unauffälliger Kinder.

Konstitutionelle Entwicklungsverzögerung

Bei Kindern mit konstitutioneller Entwicklungsverzögerung ist die biologische Reifung verzögert. Sie erreichen erst einige Jahre später als andere ihre endgültige Körperlänge, sind also vorübergehend klein. Die Endgröße liegt jedoch in dem von den Erbinformationen der Eltern vorgegebenen Bereich. Messbar wird die Verzögerung der Reife durch die Bestimmung des Knochenalters, das dem biologischen Alter entspricht

Hormoneller Kleinwuchs

Beim hormonellen Kleinwuchs fehlen ein oder mehrere für das Wachstum notwendige Botenstoffe (Hormone) im Körper weitgehend oder vollständig. Dieser Mangel kann auf ganz unterschiedlichen, angeborenen oder erst im Laufe der Kindheit auftretenden Ursachen beruhen. Für die Steuerung des Wachstums sind das Wachstumshormon der Hirnanhangdrüse (Hypophyse) und die Schilddrüsenhormone entscheidend verantwortlich.
Im Gegensatz zu allen anderen Formen des Kleinwuchses kann ein Wachstumshormonmangel ursächlich behandelt werden. Bei frühzeitigem Behandlungsbeginn können betroffene Kinder unter der Zufuhr des fehlenden Hormons (Substitution) bis zum Ende der Wachstumsperiode eine normale Körperlänge erreichen.zu ändern.

Kleinwuchs nach SGA-Geburt / Silver-Russell-Syndrom

Der Begriff SGA (= Small for Gestational Age, zu klein für das Gestationsalter) beschreibt Neugeborene, die gemessen an der Schwangerschaftsdauer zu klein oder zu leicht sind (ca. 5% aller Neugeborenen). Bis zu 90% dieser Kinder holen ihren Wachstumsrückstand bis zum Alter von 2 Jahren auf. Bei den übrigen zehn Prozent besteht das Risiko eines permanenten Kleinwuchses. In diesen Fällen ist eine Behandlung mit Wachstumshormon möglich. Von intrauterinem Kleinwuchs (englisch: Intrauterine Growth Retardation, IUGR) spricht man in den Fällen von SGA, bei denen eine spezifische Ursache für den Wachstumsrückstand erkennbar ist. Bekannte Ursachen können bei der Mutter (chronische Krankheiten, Medikamente, Rauchen oder Alkohol-Konsum in der Schwangerschaft), beim Kind (vorgeburtliche Infektionskrankheiten, Störungen des Erbguts, Mehrlingsgeburten) oder in der Funktion des Mutterkuchens (Plazenta) liegen.

Silver-Russell-Syndrom
Das Silver-Russell-Syndrom ist eine besondere Form des intrauterinen Kleinwuchses. Diese Kinder werden bei normaler Schwangerschaftsdauer auffällig klein (ca. 44 cm) und selbst für die geringe Körperlänge leicht (ca. 2000 g) geboren. Sie fallen durch einen relativ großen Kopf mit dreieckigem Gesicht und spitzem Kinn auf. Die Ernährung bereitet in den ersten Jahren meist große Schwierigkeiten. Bei der Hälfte der Kinder liegt eine Asymmetrie vor (d.h. die beiden Körperhälften sind unterschiedlich lang). Die Endgröße liegt bei etwa 140 cm (Frauen) bzw. 150 cm (Männer). Teilweise werden die Kinder mit unterschiedlichem Erfolg mit Wachstumshormon behandelt.

Skelettdysplasien, z.B. Achondroplasie, Hypochondroplasie, SEDC, DTD, Pseudoachondroplasie, Phopshatdiabetes

Skelettdysplasien sind häufig schon bei Geburt erkennbare Entwicklungsstörungen des Knorpel- bzw. Knochengewebes, die neben einer Wachstumsstörung meist zu einer Verschiebung der Körperproportionen und zu zusätzlichen Veränderungen am Skelettsystem führen. Bei den Skelettdysplasien handelt es sich um eine ausgesprochen vielfältige Gruppe von jeweils seltenen Krankheiten, deren Gesamthäufigkeit bei etwa 4 auf 10.000 Geburten liegt.

Nachfolgend sind einige Beispiele für Skelettdysplasien aufgeführt:

Achondroplasie, Hypochondroplasie

Die Achondroplasie ist die häufigste Skelettdysplasie. Kinder mit einer AchondroplasieS fallen in der Pränataldiagnostik oder bei Geburt meist durch den relativ großen Kopf und die kurzen Arme und Beine auf. Die Lendenwirbelsäule ist stark überstreckt. Hüftgelenke und Ellbogen können nicht ganz gestreckt, Knie- und Handgelenke jedoch überstreckt werden. Säuglinge und Kleinkinder haben eine ausgeprägte Muskelschlaffheit, die eine langsamere motorische Entwicklung erklärt, sich später aber von selbst bessert. Der Schädel zeigt ein Missverhältnis von großem Hirnschädel zu kleinem Mittelgesicht mit kurzer Nase und eingesunkener Nasenwurzel.
Durch häufige Atemwegsinfekte und Mittelohrentzündungen können Schwerhörigkeit und verzögerte Sprachentwicklung auftreten. Im Erwachsenenalter kommt es durch die bestehenden Gelenkfehlstellungen zu vorzeitigen Verschleißerscheinungen, zum Beispiel an Knien und Hüften. Viele Betroffene sind auch durch eine Einengung des (Lenden-) Wirbelkanals in ihrer Gehfähigkeit beeinträchtigt. Die Erwachsenengröße liegt bei 120 cm bis etwa 140 cm.
Die Hypochondroplasie ist eine der Achondroplasie ähnliche, jedoch unter den meisten Gesichtspunkten leichtere Störung. Die Verschiebung der Körperproportionen ist weniger ausgeprägt, die Muskelschlaffheit geringer.
Achondroplasie und Hypochondroplasie werden durch zwei verschiedene Veränderungen (Mutationen) derselben Erbanlage (Gen) verursacht, was ihre Ähnlichkeit erklärt. Die Erwachsenengröße liegt bei der Hypochondroplasie um einige Zentimeter höher als bei der Achondroplasie.

Spondylo-epiphysäre Dysplasia congenita (SEDC)

Die SEDC ist in den meisten Fällen bei Geburt erkennbar (= kongenital) und zeigt auffällige Veränderungen an der Wirbelsäule (= spondylo) und den Knochenenden (= epiphysär). Die Kinder fallen durch einen kurzen, breiten Rumpf und das verzögerte Wachstum auf. Später treten Schmerzen und eine Bewegungseinschränkung v.a. in den Hüften und häufig eine seitliche Verbiegung der Wirbelsäule (Skoliose) hinzu. Ein Teil der Betroffenen ist kurzsichtig, selten kommen eine Gaumenspalte und eine Instabilität im Übergang vom Hinterhaupt zur Halswirbelsäule vor. Der Schweregrad der SEDC ist sehr variabel und die Erwachsenengröße meist zwischen 90 cm und 130 cm gelegen.

Weitere sehr seltene Skelettdysplasien:

Diastrophische Dysplasie

Die diastrophische Dysplasie fällt bei Geburt durch kurze Arme, Beine, kurzen Hals, Klumpfüße, eine Daumenfehlstellung und manchmal durch eine Gaumenspalte auf. Durch die Bewegungseinschränkungen in den meisten großen Gelenken und im Besonderen in den Händen sind Betroffene besonders stark eingeschränkt. Viele Betroffene entwickeln eine seitliche Verbiegung der Wirbelsäule. Die Erwachsenengröße bei der sehr variablen diastrophischen Dysplasie ist meist zwischen 90 cm und 130 cm gelegen.

Pseudoachondroplasie

Bei der Pseudoachondroplasie fällt erst im Kleinkindalter ein immer langsameres Wachstum auf, welches zu einer zunehmenden Verschiebung der Körperproportionen mit stark verkürzten Armen und Beinen führt. Der Gelenkknorpel ist weniger belastbar, die Gelenke häufig überstreckbar. Das Schädelwachstum ist, anders als bei der Achondroplasie, normal. Erwachsene erreichen eine Körperlänge zwischen 110 cm und 130 cm.

Phosphatdiabetes

Beim Phophatdiabetes handelt es sich um eine Knochenstoffwechselstörung, die durch geringere Festigkeit der Knochen mit typischer O-Bein-Stellung gekennzeichnet ist. Zusätzlich können Nieren- und Zahnprobleme auftreten. Die anlagebedingte Störung kann durch Gabe von Phosphat und Vitamin-D gebessert werden. Die Erwachsenengröße liegt zwischen 145 cm und 165 cm.

Chromosomenstörungen

Chromosomenstörungen sind Abweichungen von Anzahl und Struktur der Träger der Erbinformationen (Chromosomen). Sie sind sehr vielfältig und führen meist zu komplexen Behinderungen einschließlich einer Wachstumsstörung (zum Beispiel Ullrich-Turner-Syndrom).

Sekundärer Kleinwuchs

Schwere chronische, d.h. langfristig bestehende, Krankheiten beeinträchtigen ebenfalls häufig als Folgeerscheinung (d.h. sekundär) das Wachstum. Dazu gehören vor allem schwere Herzfehler, schwere Störungen der Nierenfunktion, der Verdauung, des Abwehrsystems, des Stoffwechsels und schwere Unter-bzw. Fehlernährung. Die Wachstumsverzögerung geht vorüber, wenn die zugrunde liegende Krankheit geheilt oder gut behandelt ist.

Psychosozialer Kleinwuchs

In einer lieblosen Familienatmosphäre können Kinder nicht gedeihen, d.h. auch nicht altersentsprechend wachsen. Nach Verbesserung der sozialen Zuwendung kann ein schnelles Aufholwachstum erfolgen.

Idiopathischer Kleinwuchs, Idiopathic short stature (ISS)

Beim idiopathischen Kleinwuchs findet sich keine der o.g. Ursachen für das gestörte Wachstum.
Die Körperhöhe liegt mindestens 2 SD (Standardabweichung: statistisches Maß für die Streuung der Werte, gibt die Abweichung vom Mittelwert an) unterhalb der Norm, die Wachstumsgeschwindigkeit ist normal oder erniedrigt, das Geburtsgewicht ist normal.